Trotz eines Booms der Ganztagesbeschulung und trotz notgedrungen hoher Kosten (wobei die Sozialabgaben erdrückender sind als die Steuern) bleibt die Nachfrage nach privater Lerntherapie ungebrochen. Private Lerntherapie wird immer mehr zum Reparaturbetrieb der Schule – für die, die sich das leisten können und wollen.

Wie schafft es Lerntherapie, mit meist nur einer Sitzung pro Woche das zu vermitteln, woran die Schule mit einer Vielzahl von Stunden gescheitert ist?

Seriöse Lerntherapie legt den Schwerpunkt auf die Vermittlung des Stoffes bzw. des Regelwissens unter Berücksichtigung der besonderen Voraussetzungen des Schülers. Dabei zeigt seriöse Lerntherapie oft erschreckend schnell erste, nachhaltige Erfolge. Erschreckend deshalb, weil diese Erfolge sich trotz all der vielen Schulstunden zuvor nicht eingestellt haben.
Dafür gibt es Gründe:

1.Die Rollen sind klar verteilt: Der Schüler bekommt Erklärungen und wird angeleitet.

Lerntherapeuten und Lerntherapeutinnen sind darauf angewiesen, erfolgsorientiert zu arbeiten. Ineffektive und oft auch kontraproduktive Spielchen wie Laufdiktate, Karussellgespräche und das selbstständige Erkennen von Regeln, das viele Schüler überfordert, können sie sich wirtschaftlich nicht leisten – dann würde nämlich keiner mehr kommen.

2. Lerntherapie findet in einer ruhigen, ablenkungsarmen Umgebung statt, in der konzentriertes Lernen auch möglich ist.

Das heißt, der Schüler bekommt mit, was man ihm erklärt.

Ich persönlich lasse Zahlen auch nicht laufen oder hüpfen, obwohl viele Eltern das erwarten. Denn beim Laufen oder Hüpfen legen gerade Kinder mit Lernschwierigkeiten ihren Konzentrationsschwerpunkt auf das Laufen und Hüpfen und nicht auf die Zahlenzusammenhänge, die sie lernen sollen.

Es gibt eine Zeit zum Spielen und eine Zeit zum Lernen. Effektives Lernen lässt genügend Zeit zum Spielen. Und Kinder verkraften es gut, auch eine Zeitlang zu lernen – vor allem, wenn sie merken, dass sie etwas verstehen. Solche Erlebnisse sind motivierender als jedes Lernspiel und bauen mehr Blockaden ab als alle kinesiologischen Übungen zusammen.

 3. Zuerst werden die Grundlagen gelegt: Vor dem Rechnen wird ein Zahlenverständnis aufgebaut, vor der Vermittlung der Rechtschreibstrategien steht das Hören von langen und kurzen Lauten. Und: Beides wird in regelmäßigen, kurzen häuslichen Übungen gefestigt

In diesem Punkt habe ich es einfacher als die Schule, denn ich kann für jedes Kind individuell entscheiden, was aufgebaut werden muss.

Tatsache ist: Es muss regelmäßig gelernt und der Lernerfolg muss kontrolliert werden. Diese Tatsache haben auch die zahlreichen, pädagogischen Innovationen nicht ändern können, obwohl sie immer wieder versuchen, diesen Anschein zu erwecken.

Wo Eltern sich kümmern (können), ist Lernen übrigens sehr viel effektiver, als dies in der Hausaufgabenbetreuung der Nachmittagsschule möglich ist, wo viele Schüler auf eine Lehrkraft kommen und jedes laute Abfragen und jede Erklärung Unruhe für alle bringt – auch wenn diese Hausaufgabenbetreuung für Kinder, die zuhause keine Unterstützung bekommen können, ein Segen ist.

Wenn Ihr Kind ohne Probleme in der Schule erfolgreich ist und den Lernstoff beherrscht, freuen Sie sich. Das selbstständige Lernen ist das langfristige Ziel jeder Lerntherapie.

Leider funktioniert nicht jedes Kind vorbildlich. Aber viele Schüler würden sehr viel mehr und sehr viel effektiver lernen, wenn sie tatsächlich belehrt würden, wie dies im verpönten Frontalunterricht der Fall ist:

Das heißt: Erst wird gelehrt, dann wird umgesetzt und angewendet. Die, die das können, dürfen mit dem Wissen dann gerne noch experimentieren und spielen. Nur können das leider nicht alle, und wenn sie das sollen, verlernen sie oft, was sie schon einmal gekonnt haben – so erreicht man keine dauerhafte Motivation.

Beispiele aus meiner Praxis für verfehlten Unterricht:

  • Ein Schüler der 5. Klasse fragt, als ich ihm Rechtschreibstrategien und Rechtschreibregeln erkläre: Warum hat mir das niemand so erklärt? Die Lerntherapie konnte nach einem Jahr erfolgreich beendet werden.
  • Ein LRS-Schüler, der auf eine Werkrealschule geht, was dem Hauptschulniveau entspricht, bringt sein Englischbuch mit, weil er in Englisch große Schwierigkeiten hat. Einen Grammatikteil zum Lernen suche ich vergeblich. Grammatikerklärungen sind kurz und unzusammenhängend zwischen Lektionen und Übungen versteckt, das Layout ist chaotisch, womit man wahrscheinlich die Schüler anzusprechen versucht. Der Schüler hatte überhaupt noch nicht wahrgenommen, dass es überhaupt Grammatikregeln gibt. Sein Kommentar: Ach, so geht das. Und dann ging es auch. – Ausgerechnet von den Schülern, die am intensivsten gefördert werden müssten, erwarten wir also, dass sie die Regeln einer fremden Sprache durch Nachahmung und Intuition erlernen!
  • In vielen Schülerheften finde ich Häkchen, dass alles richtig ist, obwohl vieles verkehrt ist – das haben sie selber kontrolliert.
  • Viele Schüler werden angehalten, Vokabelkärtchen zu schreiben. Daran ist erst einmal nichts Schlechtes. Leider haben sie oft den Eindruck, dass sie nun nach diesen Vokabelkärtchen lernen sollen – und lernen ihre Schreibfehler mit.
  • Wochenpläne mit viel Freiarbeit überfordern gerade im Grundschulbereich viele Schüler. Und sie benachteiligen Jungen, die oft zu weniger Fleiß und Anstrengungsbereitschaft neigen, sowie Kinder mit Lernproblemen, die sich wenig zutrauen und nur die allerleichtesten Aufgaben erledigen, wodurch der Abstand zu den eifrigen immer größer wird.
  • In Klassen mit Schülern, die auf einem sehr unterschiedlichen Leistungsstand sind, gibt es besonders viel Frei- und Stillarbeit. Vieles muss selbst erarbeitet werden, was gerade schwächeren Schülern nur schlecht gelingt. Ich bekam vor kurzem ein SOS von einer Schülerin einer Gemeinschaftsschule, die nach Ende der 8. Klasse immer noch nicht die Grundlagen der Bruchrechnung verstanden hatte, von Gleichungen ganz zu schweigen. Die Vier in Mathe hatte sie geschafft, weil es die Möglichkeit gab, eine verhauene Arbeit noch einmal zu schreiben – und das fleißige Auswendiglernen hatte für eine Vier gerade so gereicht.

Eltern, die es sich leisten können, reagieren, indem sie ihre Kinder in die Lerntherapie oder/und auf Privatschulen schicken. Schon allein dadurch gibt es benachteiligte Schüler, nämlich diejenigen, deren Eltern sich das nicht leisten können.

Tatsache ist:

  • Es muss regelmäßig gelernt und der Lernerfolg muss regelmäßig kontrolliert werden.
  • Erklärungen durch die Lehrkraft helfen gerade schwächeren Schülern.
  • Regeln selbst zu entdecken kostet viel Zeit und gelingt den meisten nicht oder nur teilweise.
  • Je lauter und je unruhiger eine Lernumgebung ist, desto mehr gelangen Schüler mit Lernproblemen ins Hintertreffen.

 

Lesen Sie zu dem Thema auch folgende Blogartikel:

Was in der Schule schiefläuft

Schreiben nach Gehör?

Weitere Informationen:

Das Kreuz mit der Gruppenarbeit. Der tägliche Wahnsinn: Selbst an der gymnasialen Oberstufe eines betuchten Berliner Bezirks ist das Unterrichten ein Balanceakt

Problemorientierter oder offener Unterricht – die ganze moderne Pädagogik stiftet wenig Nutzen. Am besten ist noch immer moderner Frontalunterricht, fanden Forscher heraus.

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