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Mein Partner ist schwer erkrankt. Wahrscheinlich steht eine große Operation an. Wir möchten das im Augenblick nicht gerne innerhalb der Familie kommunizieren. Nun meinte eine Freundin, dass wir mit unseren Kindern vor der Operation darüber sprechen müssten.

Eine schwere Erkrankung ist eine Extremsituation. Zu den körperlichen Symptomen aufgrund der Erkrankung kommt die seelische Belastung. Auch der Partner eines Erkrankten hat auf einen Schlag eine enorme Last zu tragen.

Für eine große Operation braucht Ihr Partner alle Kraft. Deshalb sollte es vor so einer Operation in erster Linie darum gehen, wie Ihr Partner am besten mit der Situation zurechtkommt.

Und das ist individuell sehr unterschiedlich. Nicht jeder fühlt sich durch Aussprachen wie in einem Hollywoodmelodram gestärkt. Solche Aussprachen können enorm viel Kraft kosten und die Zeit vor der Operation schwerer und belastender machen.

Auch der Partner eines Erkrankten ist nicht unbegrenzt belastbar

Ein Partner trägt zu der Krankheit seines Partners seine eigenen Sorgen und Ängste. Dazu noch die Ängste der Familie tragen zu müssen, kann deshalb manchmal einfach zu viel sein.

Inwieweit Sie eine schwere Erkrankung vor Ihrer Familie verheimlichen können, hängt allerdings in erster Linie von Ihrer persönlichen Situation ab.

Situation 1: Die Kinder leben nicht mehr im Haushalt

In so einem Fall können Sie die Diagnose erst einmal für sich behalten, wenn Sie sich damit besser fühlen. Es gibt keine Verpflichtung, eine belastende Diagnose sofort mit erwachsenen Kindern oder mit seinen Eltern zu teilen. Folgen Sie Ihrem eigenen Instinkt und nicht dem, was andere Ihnen sagen! Häufig sind Kinder ja doch ein bisschen wie ihre Eltern gestrickt und können im Nachhinein zumindest nachvollziehen, warum ihre Eltern sich so verhalten haben.
Nach einer Operation bzw. einer Chemo- oder Strahlentherapie sollten Sie jedoch mit Ihren Angehörigen sprechen. Ein dauerhaftes Verheimlichen funktioniert nicht und würde mit der Zeit auch für Sie und Ihren Partner zu einer Belastung.

Situation 2: Die Kinder sind noch klein

Kleinen Kindern können Sie eine schwere Erkrankung nur so lange verheimlichen, wie Sie in der Lage sind, sich ihnen gegenüber unbeschwert zu verhalten. Denn auch kleine Kinder spüren, wenn ihre Eltern unter einer großen Belastung stehen. Wenn man kleinen Kindern nichts sagt, besteht die Gefahr, dass sie sich alles noch gruseliger vorstellen, als es tatsächlich ist und dass man sie mit ihrer Angst allein lässt.
Einzelheiten brauchen kleine Kinder nicht. Es ist aber wichtig, dass man Kindern vor einem Klinikaufenthalt sagt, dass das Elternteil dort wieder gesundgemacht wird. Auch von einer Operation können Sie erzählen.
Sie können sich leider nicht auf die Vorstellung verlassen, dass kleine Kinder das alles sowieso noch nicht verstehen könnten. Es gibt Kinder, die gruselige Gedanken instinktiv abblocken und es gibt Kinder, die sich Gedanken über den Tod machen, obwohl sie angeblich noch zu jung dafür sind. Wenn man mit solchen Kindern nicht spricht, riskiert man seelische Verletzungen. Und Sie können sich nicht darauf verlassen, dass Kinder ihre Ängste von sich aus ansprechen, gerade wenn sie spüren, wie belastet Sie sind!
Wenn Sie unsicher sind, wie Sie mit kleinen Kindern über die Krankheit sprechen sollen, holen Sie sich professionelle Hilfe! Fragen Sie Ihren Arzt nach Hilfsmöglichkeiten und/oder wenden Sie sich an eine Selbsthilfegruppe!

Situation 3: Schulkinder und Jugendliche

Hier gilt erst einmal das Gleiche wie bei kleinen Kindern: Sie können eine Diagnose nur so lange verheimlichen, wie Sie fähig sind, sich „normal“ zu verhalten. Schulkindern und Jugendlichen werden Sie eine Erkrankung deshalb in der Regel nicht lange verheimlichen können. Sie können jedoch die Schwere der Erkrankung herunterspielen und so die Belastung für Ihren Partner und auch sich selbst erst einmal verringern.
Abhängig von der Diagnose sollten Sie nach dem ersten Behandlungsschritt auf jeden Fall  ehrlich mit Schulkindern und Jugendlichen sprechen. Ein dauerhaftes Verheimlichen wird sonst für alle Familienmitglieder zu einer noch größeren Belastung. Sie sollten dabei auf jeden Fall mit allen Kindern gleichzeitig sprechen. Nur das älteste Kind einzuweihen führt schnell dazu, dass Sie das ältere Kind überfordern und das jüngere ausgrenzen.
Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, sich mit der Erkrankung von Eltern auseinanderzusetzen. Sollten Sie sich damit überfordert fühlen, holen Sie sich unbedingt professionelle Hilfe! Wenden Sie sich an Ihren Arzt und/oder eine Selbsthilfegruppe. Denken Sie nicht, dass Sie allein mit allem fertig werden müssen!

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