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Meine Tochter Klara rechnet in der dritten Klasse immer noch mit den Fingern. Wir haben versucht, ihr das zu verbieten, doch es nützt nichts. Sie hält die Hände dann unter den Tisch, aber ich merke, dass sie trotzdem weiter ihre Finger benutzt.

Kinder benutzen zum Rechnen die Finger, weil sie sich unsicher fühlen.

Die Finger geben ihnen Halt und Sicherheit. Kindern das Rechnen mit den Fingern zu verbieten, hat in der Regel keinen Erfolg. Sie haben richtig beobachtet, dass dann entweder unter dem Tisch mit den Fingern gerechnet wird oder aber andere Dinge zum zählenden Rechnen verwendet werden. Das können Platten an der Decke oder am Boden, Gardinenmuster oder auch die Rippen der Heizung sein.
Wenn ein Kind im Laufe der zweiten Klasse nicht aufhört, mit den Fingern zu rechnen, ist das immer ein Alarmzeichen. Wichtig ist dann, herauszufinden, was genau die Ursache für das zählende Rechnen ist.

Das zählende Rechnen mit Fingern kann folgende Ursachen haben:

  1. Die Finger werden zur Vorsicht benutzt. Das heißt, dass das Kind auch ohne Finger rechnen kann, zur Sicherheit aber immer noch einmal mit den Fingern nachrechnet.
  2. Das Kind weiß zwar, wie der Zahlenraum aufgebaut ist, aber es weiß nicht, wie es sinnvoll ohne Finger rechnen könnte.
  3. Das Kind hat nicht verstanden, wie der Zahlenraum aufgebaut ist. Die Finger sind beim Rechnen das einzig Sichere, was es hat.

Was kann man nun konkret tun, wenn ein Kind mit den Fingern rechnet?

Das hängt immer von der Ursache ab.

  1. Ein Kind, das eigentlich ohne Finger rechnen kann und diese nur zur Sicherheit benutzt, muss einen Anreiz bekommen, auf die Finger zu verzichten.

    Dazu können Sie Ihrem Kind Rechenaufgaben stellen und eine bestimmte Zeit vorgeben, in der die gelöst werden sollen. Die Zeit müssen Sie individuell an das Kind anpassen.
    Lassen Sie Ihr Kind beispielsweise 3 Aufgaben rechnen und stoppen Sie die Zeit.
    Geben Sie die doppelte Zeit vor und geben Sie Ihrem Kind 5 Aufgaben. Erklären Sie Ihrem Kind, dass es eine kleine Belohnung bekommt, wenn es die Aufgaben in der vorgegebenen Zeit löst. Geben Sie Ihrem Kind den Tipp, dass es ohne Finger schneller rechnet.
    Wenn Ihr Kind in der vorgegebenen Zeit fertig wird, geben Sie ihm die kleine Belohnung und stellen Sie das nächste Mal eine Aufgabe mehr oder verkürzen Sie die Zeit ein klein wenig.
    Wichtig ist, dass Sie nicht zu viele Aufgaben geben und dass das Kind eine realistische Chance hat, die Aufgaben in der vorgegebenen Zeit zu lösen.
    Vergessen Sie nicht, Ihr Kind zu loben, wenn es ohne Finger gerechnet hat!
    Loben Sie Ihr Kind auch, wenn es wenigstens teilweise versucht hat, ohne Finger zu rechnen und zeigen Sie ihm auf, dass es dadurch schon schneller war.
    Geben Sie einem Kind, das nicht in der vorgegebenen Zeit fertig geworden ist, am nächsten Tag etwas leichtere Aufgaben und lassen Sie eventuell eine Aufgabe weg.
    Wichtig ist, dass Ihr Kind die Erfahrung macht, dass es auch ohne Finger erfolgreich rechnen kann!

    Denken Sie daan, dass es nichts bringt, einem Kind das Rechnen mit den Fingern zu verbieten!

 

  1. Wenn Ihr Kind den Aufbau des Zahlenraums zwar verstanden hat, aber nicht weiß, wie es ohne Finger sinnvoll rechnen könnte, müssen Sie ihm das beibringen.

    Gerade sehr ablenkbare Kinder mit einer Aufmerksamkeitsstörung bekommen im Unterricht nicht immer alles mit. Dadurch kann es passieren, dass ein Kind zwar die Übungen zum Rechnen mit den verliebten Zahlen (d.h. mit der Zehnerergänzung) richtig löst, aber nicht versteht, dass es diese Technik jetzt ganz generell beim Rechnen anwenden soll.

Das Rechnen mit den verliebten Zahlen (der Zehnerergänzung) können Sie in Schritten üben:

Zuerst müssen Sie sicherstellen, dass das Kind die Zehnerergänzung beherrscht. (1+9=10, 2+8=10, 3+7=10…)
Dann fragen Sie beispielsweise: Wie weit ist es von 24 bis zum nächsten Zehner? Wie heißt dieser Zehner?
Wie viele musst du von 40 abziehen, um auf 33 zu kommen?
Sie können solche Aufgaben auch gut unterwegs und während Autofahrten üben.
Sobald Ihr Kind die oben genannten Aufgaben beherrscht, können Sie es auch über den Zehner rechnen lassen. Dazu muss es den Einer zerlegen.

Fangen sie mit Plusaufgaben an und führen Sie erst danach auch Minusaufgaben ein.

Die Rechenschritte für Plusaufgaben sind folgende:

Aufgabe: 57+5=?
Überlege: Wie heißt der nächste Zehner? 60.
Wie viele brauchst du von 57 bis zur 60? (Betonen Sie den Einer!) 3.
Wie viele hast du dann noch von den 5 noch übrig? 2.
Jetzt kannst du die zu der 60 dazutun. Wie viele hast du dann? 62.
Bei der Aufgabe 57+35=? werden zuerst die Zehner zu der ganzen ersten Zahl dazugezählt, also 57+30=87.  Der nächste Schritt, nämlich 87+5 wird wieder nach dem oben beschriebenen Muster gelöst.
Minusaufgaben sollten Sie erst einführen, wenn die Plusaufgaben sicher bewältigt werden.

Die Rechenschritte für Minusaufgaben sind folgende:

Aufgabe: 73-8=?
Überlege: Wie viele musst du abziehen (wegnehmen), um zum glatten Zehner zu kommen? 3
Wie heißt dieser Zehner? 70.
Wie viele hast du jetzt von den 8 noch übrig? 5
Was ist die verliebte Zahl von der 5 (die Zehnerergänzung von der 5)? 5
Jetzt musst du nur noch überlegen, wie der Zehner unter der 70 heißt und diese verliebte Zahl dazuzählen, dann hast du dein Ergebnis. Wie heißt das Ergebnis? 65.
Bei der Aufgabe73-38=? werden zunächst die Zehner von der ganzen ersten Zahl abgezogen, also 73-30=43. Der nächste Schritt, nämlich 43-8, wird dann wieder nach dem oben beschriebenen Muster gelöst.

Achtung: Kinder, die lange zählend gerechnet haben, sollten bei plus und minus immer nur nach der oben genannten Methode rechnen! Weitere Methoden, wie Sie häufig im Unterricht zusätzlich eingeführt werden, verwirren diese Kinder und können dazu führen, dass letzten Endes gar keine Methode sicher klappt.

Sprechen Sie die Lehrkraft Ihres Kindes bitte darauf an!

Wenn Ihr Kind nicht verstanden hat, wie der Zahlenraum aufgebaut ist, muss erst ein Verständnis für Zahlen und den Zahlenraum aufgebaut werden.

In diesem Fall ist eine Rechenschwächetherapie sinnvoll.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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